Monja Thiessen, Persönlichkeitscoach aus Dithmarschen, hat getan, was kaum jemand wagt: Mit Mitte 30 hat sich selbst geheiratet. Nach einer emotional herausfordernden Trennung und einer intensiven Reise zu sich selbst, sagte sie am 18. Juni 2022 – an ihrem 37. Geburtstag – im Rahmen einer Selbsthochzeit feierlich Ja – zu ihrer Persönlichkeit, zu ihrer Geschichte, zu ihrem Leben. In cremeweißem Kleid, mit Gästen, Rede und Gelübde.

Was war der ausschlaggebende Moment, in dem du beschlossen hast, dich selbst zu heiraten?
Ich hatte mich im Sommer 2021 aus einer emotional abhängigen Beziehung getrennt und es ging mir danach psychisch wirklich sehr schlecht. Ich machte mich auf die Suche nach Hilfe und habe mich intensiv mit dem Thema Selbstliebe und Selbstwert beschäftigt, habe mich coachen lassen und am Ende sogar eine Coaching-Ausbildung gestartet. Zu dem Zeitpunkt wusste ich einfach nicht mehr, wer ich selbst eigentlich bin. Ich hatte das Gefühl, meine komplette Identität verloren zu haben, steckte also in einer heftigen Identitätskrise.
Ich las dann ein Buch darüber, wie Selbstliebe unser Leben revolutioniert, in dem auch über Selbstheirat gesprochen wurde. Nun ist es so, dass ich schon immer gern heiraten wollte. Irgendwie der Traum eines jeden kleinen Mädchens, oder? Und mir kam mehr und mehr die Frage auf, wer uns denn sagt, dass das nur geht, wenn wir einen anderen Menschen heiraten? Natürlich geht Selbstliebe auch ohne eine Hochzeitsfeier. Es geht ja an erster Stelle um die Entscheidung, wahrhaftig JA zu sich und seinem Leben, seiner Persönlichkeit zu sagen. Sich vollkommen anzunehmen, mit all den Sonnen- aber eben auch unseren Schattenseiten. Den Kampf gegen sich selbst zu beenden, den so viele von uns führen. Sich selbst der beste Partner zu sein.

Sich selbst zu heiraten ist kein selbstsüchtiger Akt, es ist ein großartiges Geschenk für jeden in meinem Umfeld, weil ich alle damit aus der Verantwortung entlasse, mich glücklich machen zu müssen. Den Weg der Heilung können wir nur selbst gehen. Wir können uns Wegbegleiter suchen, doch den Weg gehen müssen wir allein. Und noch eine Anmerkung: Selbstliebe zu praktizieren ist eine Entscheidung. Das bedeutet nicht, dass ich mich stets und ständig in ihr befinde. Selbstliebe ist kein Dauerzustand, sondern eine Haltung. Ein Versprechen, mich immer wieder auf den Weg zu begeben und die Momente dieser tiefen Verbundenheit mit mir selbst zu kreieren.
Wie hast du die Zeremonie gestaltet? Gab es bestimmte Rituale oder Symbole? Was war dir ganz besonders wichtig?
Die Zeremonie war sehr bewegend. Ich hatte 12 Gäste, darunter meine Eltern, mein Bruder und meine engsten Wegbegleiter. Eine Freundin von mir ist sehr aktiv in der Kirche (ich tatsächlich nicht) und ich bat sie, eine Rede zu halten. Das war sehr aufregend, da sie natürlich auch darauf eingegangen ist, wie ungewöhnlich dieser Akt doch sei, aber eben auch wunderschön, wenn man es in der Tiefe verstanden hat.
Dann habe ich zu jedem meiner Gäste eine kleine Geschichte erzählt, wofür ich dankbar bin, dass dieser Mensch in meinem Leben ist, was diesen Menschen ausmacht, was mir diese Person in meinem Leben zeigt und lehrt und warum es mir am Herzen liegt, diese Freundschaft zu leben. Ich kenne es von vielen Hochzeiten, dass die Hochzeitsgesellschaft gar nicht so recht Lust auf die Ansprachen und Reden hat. Eigentlich traurig, oder? Bei meiner Ansprache konnte man Stecknadeln fallen hören, da jeder gelauscht hat und gespannt war, was ich als nächstes über den jeweiligen Gast erzähle. Es ging also sehr tief.

Ich durfte ja nicht vergessen, die waren alle gespannt, was sie an diesem Tag erwarten würde. Keiner hatte so richtig eine Ahnung, was da auf sie zukommt. Danach erzählte ich noch kurz, was mich bewegt hat, diesen Schritt zu gehen und sprach mein eigenes Gelübde. Am Ende war ich sehr erleichtert und in Feierstimmung, doch ich schaute in sehr bewegte Gesichter, es arbeitete in ihnen. Und wir konnten alle spüren, auf einmal waren wir tief miteinander verbunden. Eine magische Stimmung. Danach haben wir dann auch die gemeinsamen Fotos gemacht. Emotional, frei, offen, herzlich. So viel Liebe im Raum. Das Fest fand bei mir zu Hause im Garten statt in einem kleinen Zelt.
Wie haben dein Umfeld, Freunde und Familie auf deine Entscheidung reagiert?
Sie waren verwundert, aber offen. Wer mich kennt, weiß, dass ich ab und an andere Wege gehe. Keiner wusste so recht, was da auf sie zukommt, aber jeder war offen und ehrlich gesagt hat da auch bei dem ein oder der anderen die Neugier überwogen.
Was hast du an diesem Tag für dich selbst gefeiert? Was stand im Mittelpunkt?
Im Mittelpunkt stand für mich die Sehnsucht, mich wieder ganz mit mir selbst zu verbinden. Mir das Versprechen zu geben, Tag für Tag die Person zum Vorschein zu bringen, die ich wahrhaftig bin und für mich einzustehen, egal, was andere denken oder sagen. Und ich glaube, mit dieser Selbstheirat habe ich mir das größte Geschenk gemacht. Denn die Menschen, die das nicht „ertragen“ können, haben sich abgewendet. Die Menschen, die offen sind, sind bereit, andere Wege zu gehen in diesem Leben. Und für diese Menschen bin ich unendlich dankbar.
Was hast du bei deiner Selbsthochzeit getragen?
Ein kurzes cremeweißes Sommerkleid. Passend zu meiner Gartenparty. Schlicht, leicht, aber nicht weniger aufregend. A-Linie, Chiffon.

Warum hast du dir dafür bewusst ein weißes Hochzeitskleid ausgesucht?
Ehrlich gesagt habe ich darüber gar nicht nachgedacht. Für mich stand fest: Ich bin eine Braut und es gibt ein weißes Kleid. Allerdings wollte ich jetzt auch nicht übertreiben. Es war perfekt für den Anlass.
Nur eine Woche nach deiner Selbstheirat hast du deinen jetzigen Partner kennengelernt. Glaubst du, es gibt einen Zusammenhang?
Ich glaube, Liebe findet uns, nicht weil wir suchen, sondern weil wir uns zeigen. Ganz echt, verletzlich, menschlich. Ich war eine Woche nach meiner Heirat so sehr in mir angekommen, dass meine Ausstrahlung mit Sicherheit enorm war. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Ich glaube, wir waren einfach bereit. Zum richtigen Moment, am richtigen Ort mit dem richtigen Mindset.
Wann wusstest du, dass dein jetziger Partner „der Richtige“ ist? Wie hat dein Verlobter auf deine erste Hochzeit mir dir selbst reagiert, wie findet er das?
Tatsächlich wusste ich das schon nach unserem ersten Date. Denn da kam das Thema Selbstheirat eher zufällig zur Sprache. Das hätte tatsächlich auch fast unser erstes Date gesprengt, ich bin da ehrlich. Was soll es mir bringen, einen Partner kennen zu lernen und wieder nicht ICH sein zu können. Das macht ja keinen Sinn. Für meinen Verlobten war es aber in dem Moment nicht sofort greifbar, worum es mir dabei ging. Wir hatten dann noch einen super schönen Abend, wir haben einen Sternschnuppentour auf der Eider gemacht. Das war so romantisch.
Am nächsten Tag schickte er mir ein Foto, auf dem er sich einen Podcast zum Thema Selbstheirat angehört hatte und dann nur meinte: Alles klar, jetzt weiß ich, was du damit meinst. Ich war sprachlos, so begeistert hat mich seine Reaktion. Das hat mir gezeigt: Dieser Mann geht tief, beschäftigt sich selbst mit solchen Themen und lässt sich nicht davon aus der Ruhe bringen, was denn andere davon halten könnten. Das macht für mich einen Mann aus, der integer ist.
Im August heiratet ihr nun offiziell – wie fühlt sich das für dich an, nach deiner Selbsthochzeit nun auch eine Partnerschaft offiziell zu besiegeln?
Es fühlt sich „ganz“ an. Es zeigt mir, dass der Weg, den ich eingeschlagen habe, mein gesamtes Leben verändert hat. Ich bin unendlich dankbar, diese Erfahrung machen zu dürfen. Tatsächlich erinnert es mich auch wieder stärker an mein eigenes Versprechen, welches ich nun bald auch meinem Partner geben werde.
Quelle Text und Bilder: Laue Festmoden (hier hat Monja ihre Outfits für ihre beiden Hochzeiten ausgesucht)